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Kategorie: Bücherwald (Seite 10 von 11)

Rezensionen von Büchern über Natur und Jagd, überwiegend aus der Rubrik Bücherwald im Magazin Halali

Das verborgene Leben des Waldes

Wer es genauer wissen möchte, aber die Fachliteratur scheut, der findet seit einiger Zeit eine ganze Reihe von Büchern auf den Bestsellerlisten, die Naturbeschreibung und Prosa vereinen. Helen McDonalds H wie Habicht wäre beispielhaft zu nennen oder auch Kerstin Ekmans Der Wald, und nicht zuletzt die vielen Titel der Reihe Naturkunden bei Matthes & Seitz. „Nature Writing“ nennt sich dieses wiederentdeckte literarische Genre.

Einer der ganz großen internationalen Erfolge ist David Haskells wunderbares Buch Das verborgene Leben des Waldes. Ein Jahr lang besucht der Biologe immer und immer wieder einen winzigen Flecken Waldboden im Südosten von Tennessee. Nicht einmal einen Quadratmeter misst dieses „Mandala“, wie er das in Anlehnung an die geometrischen Figuren aus der buddhistischen Meditation nennt. Mit Lupe und bloßem Auge beobachtet er, still und ohne einzugreifen. Mal sind es Flechten oder Pilze, die seine Aufmerksamkeit erregen, dann Frühblüher oder Waldvögel; Salamander sonnen sich, Schnecken durchqueren das Mandala und Paarhufer oder Waldarbeiter hinterlassen ihre Spuren. 

Aber Haskell belässt es nicht bei der bloßen Beschreibung: Ausgehend vom Einzelnen und Kleinen, das er unmittelbar sieht, hört, riecht und fühlt, lässt er uns den Wald als Lebensraum miterleben und verstehen. Und das mit dem profunden Wissen des Naturforschers und einer wirklich beneidenswerten Sprachbegabung. 

David G. Haskell, Das verborgene Leben des Waldes. Ein Jahr Naturbeobachtung, Verlag Antje Kunstmann 2015, 328 Seiten, gebunden, 22,95 Euro

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Walden Field Guide

Das Magazin Walden bedient den Leserkreis der jungen Outdoor-Hipster (äußere Merkmale: Strickmütze und Fusselbart). Seit 2015 erscheinen zwei Ausgaben pro Jahr, immer „voller Inspirationen für Abenteuer vor unserer Haustür“, so die Selbstbeschreibung. Walden wird gemacht für Leute, die gerne draußen sind, ohne gleich Extrembergsteiger oder Einhandsegler sein zu wollen. 

Menschen mit grünem Abitur sei dieses Magazin eher nicht empfohlen. Aber eine Rubrik daraus hat Barbara Lich jetzt in erweiterter Form als Walden Field Guide veröffentlicht – und das ist ein Naturführer der besonderen Art geworden: weder Survival-Anleitung noch Bestimmungsbuch, vielmehr ein „Programmheft für Flora und Fauna in Deutschland“. Für jeden Monat des Jahres gibt es ein wenig Statistik und einen „Natur-Ticker“ mit Stichworten, außerdem werden jahreszeittypische Naturphänomene beschrieben und ein Tier des Monats vorgestellt. Nicht zuletzt wird auch die eine oder andere Frage beantwortet, die einen immer schon umgetrieben hat: Warum, beispielsweise, duftet Sommerregen? 

Was dieses Büchlein besonders empfehlenswert macht, ist die frische, heitere und durchgängig von Wortspielerei geprägte Sprache. Selbst wenn das nicht die eigentliche Zielgruppe sein dürfte, so könnte dieser Field Guide vielleicht sogar unsere lieben Heranwachsenden dazu animieren, ihre Smartphones beiseite zu legen und einfach mal nach draußen zu gehen. 

Barbara Lich, Der Walden Field Guide. Das ganze Jahr unterwegs in Deutschland, Ullstein Verlag 2016, 240 Seiten, 12,00 Euro

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Selbstverbrennung

Ende 2015 bekam die Welt ein weiteres Klimaabkommen. Nach Rio, Kyoto und Kopenhagen brachte die Pariser Konferenz ein klares Ziel: Bis zur Jahrhundertmitte sollen die Treibhausgasemissionen radikal reduziert und die globale Erwärmung auf 1,5 Grad gegenüber dem vorindustriellen Zeitalter begrenzt werden. Wir Deutsche werden unsere Landschaften weiter mit Windkraftanlagen und Solarmodulen überziehen, werden in den Städten mit smarten Elektroautos Fahrgemeinschaften bilden, für jede Flugmeile mindestens eine Waldaktie kaufen und das tonnenschwere SUV mit fleischfreien Tagen in der Kantine kompensieren.

Unsere Nachbarn dagegen, die Polen, Franzosen oder Briten beispielsweise, werden einfach neue Kernkraftwerke bauen oder ihre alten Brüter wacker weiter laufen lassen. Nicht zu reden von Finnland, Indien oder Südkorea. Und erst recht nicht von China, wo bis zum Jahr 2030 mehr als 80 neue Reaktoren ans Netz gehen sollen. 

Aber was wird mit denen, die sich keine neue Kernkraftwerke leisten können oder wollen? Oder trotz Ökostrom die Latte reißen? Die haben wenig bis nichts zu befürchten. Denn das Abkommen ist zwar völkerrechtlich verbindlich – aber wirksame Sanktionen sind darin nicht vorgesehen, abgesehen vom internationalen Pranger. An dem stehen schon lange die USA und Russland und zucken nur gelangweilt mit den Schultern, wenn sie darauf angesprochen werden. Die anderen werden sich einfach dazustellen.

Es ist also wenig wahrscheinlich, dass das Ziel des Pariser Abkommens erreicht werden wird. Wer genauer wissen will, was dann auf uns und unsere Kinder zukommt, der lese Hans Joachim Schellnhubers Buch Selbstverbrennung. Der Gründer und Leiter des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung hat damit wohl sein Lebenswerk vorgelegt. Dabei ist es keine fachwissenschaftliche Publikation, sondern eine in weiten Teilen gut lesbare Melange aus wissenschaftlichen, politischen, kulturellen und auch biografischen Argumentationslinien. Leider ist es auch ein ganz schön dicker Klopper: Man hätte sich im Lektorat bei Bertelsmann einen beherzteren Umgang mit dem Rotstift gewünscht. 

Hans Joachim Schellnhuber, Selbstverbrennung. Die fatale Dreiecksbeziehung zwischen Klima, Mensch und Kohlenstoff, 784 Seiten, C. Bertelsmann, 29,99 Euro

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Im Kranichwald

Wenn Verlage ihren Büchern Untertitel verpassen wie „Ein Waidmann erzählt“ (alternativ: ein Jäger, Förster, Grünrock, Nimrod), ist oft Vorsicht geboten. Und das auch dann, wenn sie verheißungsvolle Titel tragen wie „Der Keiler aus dem dunklen Sumpf“, „Vergangen Haut und Gebein“ oder „Des Waidmanns Widergang“. Umso freudiger ist die Überraschung, wenn es unerwartet anders kommt, wie in den „Tier- und Jagdgeschichten eines Försters“ von Joachim Kolmer. Unter dem Titel „Im Kranichwald“ sind die 2015 in einer zweiten, erweiterten Auflage erschienen. 

Geboren 1952 und aufgewachsen in der Griesen Gegend im Südwesten Mecklenburgs, in der DDR also, stand Kolmer in der Wendezeit als junger Förster mitten im Berufsleben. Die Umbrüche dieser Zeit in Forstwirtschaft und Jagd hat er unmittelbar erlebt, und zur Freude des Lesers ist er dabei weder Kulturpessimist noch Ostalgiker geworden.

Seine hier versammelten Anekdoten und Erinnerungen reichen vom jagenden Großvater und ersten Waidmannsheil über die Zeit in der Militärforstwirtschaft bis zum Dienst als Revierförster der Bundesforst in Laage und Lübtheen. Ein wenig störend ist, dass die in der zweiten Auflage zusätzlich aufgenommenen Geschichten irgendwie konzeptionslos angehängt wirken, während die der ersten Auflage (von 1999) noch geradlinig dem Lebensweg des Autors folgen.

Doch insgesamt ist das meist kurzweilig und unterhaltsam, mitunter historisch interessant und gelegentlich auch lehrreich, ohne dabei belehrend zu klingen. Ein ideales Buch für den Nachttisch. Nur die verlagstypische Ausstattung mit schwerem Bilderdruckpapier verleidet einem die abendliche Lektüre: Die Arme werden schneller müde als die Augen.

Joachim Kolmer: Im Kranichwald. Tier- und Jagdgeschichten eines Försters, 2. erweiterte Auflage, Wage-Verlag 2015, zahlreiche Fotos und Zeichnungen, 339 Seiten, gebunden, 24,90 Euro

Das letzte Jahrhundert der Pferde

Als Bücher noch aufwändig lektoriert und gesetzt wurden, mussten sie wohl überlegt sein. Verlegt und also veröffentlicht wurde nur, was neu war oder so noch nie gesehen und gesagt. Autoren brauchten ein objet brut, wenn schon nicht als völlig neues, nie beschriebenes Blatt, so doch wenigstens als Gegenstand einer originären und originellen Betrachtung. Voraussetzungen solcher Bücher waren Wissen, akribisches Arbeiten, Begabung und auch verlegerischer Mut.

Gelegentlich tritt ein Buch den Beweis an, dass diese Zeit nicht vorbei ist. So ein Buch hat jetzt Ulrich Raulff mit „Das letzte Jahrhundert der Pferde“ vorgelegt. Das ist alles andere als ein gewöhnliches Pferdebuch! Ulrich Raulff ist kein Monty Roberts für Akademiker, sondern ein ungemein gebildeter Kulturhistoriker, Leiter des Deutschen Literaturarchivs Marbach und unter anderem ehemaliger Feuilletonchef der FAZ. 

Auf Reiterhöfen und Rennbahnen leben zwar heute hunderttausende Pferde, argumentiert Raulff, überhaupt sind Pferde auch im 21. Jahrhundert ein echter Wirtschaftsfaktor. Aber in der Zeit zwischen Französischer Revolution und erstem Weltkrieg hat sich der Mensch von seinem ehemals unverzichtbaren Partner Pferd getrennt. Und das nicht nur in der Alltagswirklichkeit auf den Äckern, Straßen oder Schlachtfeldern: Auch die Figuren des Wissens unter Forschern, Züchtern oder Malern dieser Zeit sind nach und nach in Vergessenheit geraten, genau wie die Metaphern und Repräsentationen, in denen sich die Ideen von Macht, Freiheit oder Größe ausdrückten. Das alles hat weniger mit den Pferden als solchen zu tun als vielmehr mit denen, die sich ein Bild von sich selbst machen: den Menschen.

Ein kluges, lehrreiches, die Leser forderndes Buch, das völlig zurecht für den Sachbuchpreis der Leipziger Buchmesse nominiert war – also keingeeignetes Geschenk für pubertierende Töchter. 

Ulrich Raulff: Das letzte Jahrhundert der Pferde. Geschichte einer Trennung, Verlag C.H.Beck 2015, 461 Seiten, zahlreiche Abbildungen und Farbtafeln, in Leinen gebunden, 29,95 Euro

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Karte der Wildnis

Durch das Fenster zur Straße kamen nur eierschalenfarbene Taxis und betrunkene Punks in Anblick. Wahrscheinlich hatte ich deswegen die Karte von Schottland an die Wand meines Kölner Studentenzimmers gepinnt. Der Norden, die Highlands, die zerklüfteten Küsten – das waren echte Sehnsuchtsorte für den dünnbesohlten Großstadtbewohner. Wild und ursprünglich und sehr weit weg vom Zülpicher Platz.

Dabei dachte ich seinerzeit nicht unbedingt an die Jagd, nicht an Rothirsche oder Moorhühner. Vielmehr sah ich mich als einsamen Wanderer in endloser Weite. Wobei Wanderer nicht das richtige Wort ist: Trekking wurde das seinerzeit genannt und war total hip. Wahrscheinlich hätte ich mich von Kopf bis Fuß in Jack Wolfskin-Klamotten gehüllt, wenn ich denn tatsächlich aufgebrochen wäre. Das ist mir heute, bald 30 Jahre später, ein bisschen peinlich. 

Den alten Traum von Schottland hat mir jetzt das wunderbare Buch Karte der Wildnis von Robert Macfarlane wieder in Erinnerung gerufen. Macfarlane, der in Cambridge Literatur lehrt, ist auf die Suche nach der wilden, rauen, ursprünglichen Natur gegangen. Aus seinen Wanderungen und Erkundungen in Großbritannien und Irland hat er eine „Prosakarte der Wildnis“ gezeichnet, hat eine grandiose Collage zusammengefügt aus Reiseberichten und Landschaftsbeschreibungen, historischen und naturkundlichen Exkursionen, philosophischen Gedanken und literarischen Seitensprüngen. So ein Buch hätte ich damals am Zülpicher Platz gebraucht, anstelle der zweidimensionalen Landkarte!

Robert Macfarlane, Karte  der Wildnis, erschienen 2015 in der Reihe Naturkunden bei Matthes & Seitz, 303 Seiten gebunden, 34,- Euro

Die Geschichte der Bienen

Seit gut 10 Jahren sterben die Bienenvölker. Colony Collapse Disorder oder kurz CCD wird dieses bis heute rätselhafte Phänomen genannt. Insbesondere in Nordamerika ist das zum existenzbedrohenden Problem geworden, und das nicht nur für die Großimker, die mit ihren Trucks und Bienenbeuten quer durch die Vereinigten Staaten ziehen. Sondern für die Menschen insgesamt. Unter Verdacht das Sterben auszulösen stehen Insektizide und Fungizide, aber auch die Chemikalien und Antibiotika, mit denen die Imker selbst ihre Bienen behandeln.

Die norwegische Autorin Maja Lunde hat dieses ebenso drängende wie aktuelle Thema 2015 in einem Roman verarbeitet. Der ist mittlerweile preisgekrönt, in viele Sprachen übersetzt und zum internationalen Bestseller geworden. Das muss zwar kein Qualitätsmerkmal sein, ist aber in diesem Fall wirklich gerechtfertigt: Lunde erzählt eine große Geschichte von Verzweiflung und Hoffnung, von Kinderliebe und Generationenkonflikten und von der existenziellen Verbindung zwischen Bienen und Menschen. Und das auf unterhaltsame, spannende und stellenweise auch beklemmende Art und Weise.

Drei Erzählstränge laufen zunächst parallel: Da ist der englische Samenhändler und erfolglose Naturforscher William, der 1852 eine neuartige Bienenbeute konstruiert, um die Anerkennung seines früheren Mentors und die Liebe seines Sohnes zu erlangen. Dann der amerikanische Großimker George, der sich nichts sehnlicher wünscht als die Rückkehr seines Sohnes in den Betrieb, bis er 2007 fast alle Bienen durch CCD verliert. Und schließlich Tao, eine junge Frau im China des Jahres 2098, die verzweifelt ihren kleinen Sohn sucht. Dessen mysteriöser Unfall auf einer Obstplantage scheint von ungeheurer Bedeutung für das ganze Land zu sein. Im Laufe des Romans, nur soviel sei verraten, verbinden sich die drei Stränge nach und nach und lassen einen kleinen Hoffnungsschimmer durchscheinen.

Maja Lunde: Die Geschichte der Bienen, als Taschenbuch erschienen 2018 im btb Verlag, 528 Seiten, 11,00 Euro

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Hirsche

Bücher über das Rotwild erwecken in Jägerkreisen naturgemäß volle Aufmerksamkeit. Jetzt ist ein kleine Monographie erschienen in der schönen Reihe „Naturkunden“ bei Matthes & Seitz. Geschrieben hat es Wilhelm Bode, ein dezidierter Kritiker des heutigen Jagdwesens und ehemaliger Vorsitzender des Ökologischen Jagdverbandes Saarland. Sein gemeinsam mit Elisabeth Emmert verfasstes Buch „Jagdwende“ war Ende der 90er Jahre eine offene Kampfansage und zählt sicherlich zu den umstrittensten Jagdbüchern der letzten Jahrzehnte.

Dagegen ist „Hirsche“ ein kleiner Wolf im bibliophilen Schafspelz. Im Vergleich zu anderen Büchern der Reihe kommen die Portraits der Hirscharten sehr kurz. Bode lässt lieber wildbiologische, kulturgeschichtliche und jagdliche Aspekte rund um das Rotwild aufscheinen, in geschliffener Sprache und dezidiert kritischer Form. Das könnte durchaus nachdenklich machen und Diskussionen anregen: So thematisiert er beispielsweise die anhaltende Trophäenorientierung in der Hege, die unzureichende Größe zusammenhängender Habitate und Schutzgebiete in Deutschland oder die Jagd unter den Bedingungen einer agrarindustriell geprägten Kulturlandschaft. 

Bode schreibt mit spitzer Feder und gekonnt pointiert. Dass dabei die grüne Zunft insgesamt nicht gut wegkommt, ist wenig überraschend. Die Vorstellung, der eine oder andere Abschnitt würde auf einer Hegeringversammlung verlesen, lässt einen schmunzeln. Aber leider ist der gesamte Text geprägt von einer erbitterten Feindschaft zu allem, was in der Wahrnehmung des Autors zur „lodengrünen Trophäenjagd“ zu zählen ist. Außerdem zeichnet er geradezu penetrant eine Traditionslinie von Hermann Göring zur heutigen Jägerschaft. Eine sachliche Auseinandersetzung mit anderen Ansichten und Argumenten fehlt völlig. Das ist schade und tut der Sache keinen Gefallen.

Wilhelm Bode: Hirsche: Ein Portrait, erschienen 2018 im Verlag Matthes & Seitz, 156 Seiten, gebunden, 18,00 Euro

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Jagdgedanken

Unter den zeitgenössischen Jagdschriftstellern hat sich Bertram Graf Quadt längst einen herausragenden Namen gemacht. Schon seine ersten Bände mit Erzählungen erwiesen den Rundfunkredakteur als ebenso unterhaltsamen wie nachdenklichen Autor, jenseits der weit verbreiteten „Ich-kam-sah-und-schoss-es-tot“-Literatur. Tiefgründige Inhalte, schwungvolle Formulierungen und intelligenter Sprachwitz zeichnen seine Bücher aus. Vor allem pflegt er einen eigenen Stil. Adel verpflichtet eben, so wäre man zu schreiben versucht, wiese die Ahnentafel der Jagdschriftstellerei nicht ebenso begnadete bürgerliche Autoren aus.

Es ist nicht weiter verwunderlich, dass dem Grafen Quadt dereinst die Aufgabe angetragen wurde, im „Deutschen Adelsblatt“ eine regelmäßige jagdliche Kolumne zu verfassen, und dass er Anstoß und Auftrag gern angenommen hat. Die bildet den Grundstock des Buches, ergänzt um weitere Texte. Drei an der Zahl zu jedem Monat des Jahres sind es insgesamt geworden. Also auch zu jenen freudlosen Monaten der weitgehenden Jagdruhe, die der Waidmann im Kreise seiner Liebsten zu verbringen hat, sehnsüchtig wartend auf den Aufgang der Bockjagd. Diese Monate bieten immerhin Zeit und Muße, über die Biologie der Schnepfe, Kaliberfragen, jagdliches Brauchtum und andere Themen jenseits des unmittelbaren Jagdbetriebes zu sinnieren. 

Bertram Graf Quadt teilt mit seinen Leserinnen und Lesern Gedanken und Geschichten aus dem Spannungsfeld zwischen Alltag, Jagd und Familie. Manches sieht er kritisch, anderes augenzwinkernd, wieder anderes wehmütig. Für viele Jäger ist das Waidwerk heute nicht mehr Beruf, sondern Freizeitbeschäftigung, im besten Fall Passion. Revierarbeiten, Abschussplanerfüllung, Wildschadensverhütung oder Hundeausbildung müssen in den engen Terminkalender eingebunden werden. Das ändert auch den Charakter der Jagd. Aber, schreibt Bertram Graf Quadt, wir dürfen nicht aufgeben im Hochhalten dessen, was wir gelernt haben, nicht im Hinterfragen des Gelernten, nicht im Dazulernen von Neuem und nicht im Entlarven alter Dummheiten in neuen Gewändern. Denn jeder Jäger ist auch ein Botschafter der Jagd, im Guten wie im Schlechten.

Bertram Graf Quadt: Jagdgedanken. Ein Hochstand-Brevier, erschienen 2018 im Verlag Neumann-Neudamm, 192 Seiten, gebunden, 19,95 Euro

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Heilpflanzen für Kopf und Seele

Die unterschiedlichen Formen der Naturheilkunde sind von den Halbgöttern in weiß lange Zeit im besten Fall belächelt, oft als Placebo abgetan und nicht selten auch in Bausch und Bogen verdammt worden. Aber mehr und mehr bricht sich die Erkenntnis Bahn, dass die auf Apparate und Medikamente gestützte westliche Schulmedizin zwar in der Akut- und Notfallbehandlung Weltspitze ist, nicht aber bei den vielen Volkskrankheiten und auch nicht bei den zunehmenden chronischen, oft psychosomatischen Erkrankungen. Hier können Naturheilverfahren sogar besser helfen. Kluge Mediziner sehen die nicht als Konkurrenz, sondern als wirksame Ergänzung.  

Ganz der Pflanzenheilkunde gewidmet ist der Dilston Physic Garden in der englischen Grafschaft Northumberland, im Norden Englands an der schottischen Grenze gelegen. Hier werden in enger Kooperation mit Universitäten und anderen Forschungseinrichtungen Heilpflanzen kultiviert und erforscht, und zwar besonders jene “für Kopf und Seele”. Zwei der Leiterinnen des Gartens – Pharmazeutin die eine, Neurowissenschaftlerin die andere – haben den aktuellen Stand der Erkenntnis in einem sehr ansprechenden Buch zusammengefasst, das jetzt in deutscher Übersetzung vorliegt.

Die darin vorgestellten Heilpflanzen sind überwiegend bekannt und fehlen in keinem Kräuterbuch. Das besondere hier ist aber die Anordnung nach Krankheitssymptomen, gegen die das jeweilige Kraut gewachsen ist, und nach dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse. Zuerst werden kurz Botanik und historische Anwendungsformen jeder Pflanze dargestellt, dann werden ihre Wirksamkeit beschrieben und mit Studien belegt sowie Inhaltsstoffe, Anwendungsformen und Risiken benannt. Tipps und Rezepte runden das Buch ab, ein ausführlicher Anhang mit Glossar aller wichtigen Begriffe, wissenschaftlicher Bibliografie und anderen Hilfen beschließt es.

Nicolette Perry und Elaine Perry: Heilpflanzen für Kopf und Seele, erschienen 2019 im Haupt Verlag, 240 Seiten, gebunden, 26,00 Euro

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