Texter | Journalist | Schriftsteller

Monat: August 2019 (Seite 4 von 6)

Jagen gegen den Wind

Ob Gert G. von Harling tatsächlich „Der meistgelesene Jagdautor“ ist, wie es sein Verlag werbewirksam auf den Schutzumschlag gedruckt hat, sei dahingestellt. Freunde von Löns oder Hemingway könnten versucht sein nachzurechnen. Der Hinweis wäre bei einem Autor mit mehr als 60 Buchveröffentlichungen, der zudem zehn Jahre lang Schriftleiter der Wild und Hund sowie einige Jahre Lektor des Verlages Paul Parey war, ohnehin nicht nötig gewesen, zumal er für seine Bücher mit dem Literaturpreis des CIC und dem Kulturpreis des DJV geehrt worden ist. Wenn dieser Ausnahmejäger und Ausnahmeautor seine Erinnerungen vorlegt, darf man gespannt sein. 

Gert von Harling beginnt mit der „Kindheit im Paradies“, unmittelbar nach dem Krieg in der Lüneburger Heide. Ausführlich erinnert sich der ehemalige Berufsjäger an Jagd und Lebensumstände in Neuseeland, Venezuela, Namibia und anderen, teilweise entlegenen Jagdgründen der Welt, in denen zu jagen und zu leben ihm vergönnt war. Ein wenig neidisch macht die Konsequenz, mit der von Harling immer wieder die berufliche Karriere (und mitunter auch das private Glück) den Jagdmöglichkeiten nachgeordnet hat. Manches ist aus heutiger Sicht einfach nur erstaunlich: Wer weiß noch, dass in der frühen Bundesrepublik Maulwurfsfelle als Pelz begehrt waren und 50 Pfennig je Balg einbrachten?

Enttäuscht wird nur, wer sich Interna oder gar Zoten aus dem bundesdeutschen Jagdblätterwald versprochen hat. Seine Arbeit als Journalist und Autor streift er nur kurz. Vermutlich steht dahinter die tiefe Erfahrung, dass es spannender ist, aktiv zu jagen, als am Schreibtisch zu sitzen und darüber zu schreiben.

Gert G. von Harling: Jagen gegen den Wind. Erinnerungen eines Globetrotters, erschienen 2017 im Franckh-Kosmos Verlag, 272 Seiten, gebunden, 22,99 Euro

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Großes Herz, kleines Ego

Immanuel Kant soll gesagt haben, dass wir Menschen uns beim Anblick von Natur (Himmel, Berge, Wald, Meer) als Teil eines größeren Zusammenhangs erleben und uns bewusst werden, wie klein wir sind. Das, so meinte der Königsberger Meisterdenker, bringe uns dazu, mitmenschlicher zu werden.

Studien amerikanischer Psychologen der Universität Rochester bestätigen das jetzt. Naturerleben, so fanden sie heraus, lasse den Egoismus schrumpfen – und umgekehrt: Naturentfremdung lasse uns die Verbindung zu unseren Mitmenschen verlieren.

(„Das Herz wird groß und das Ego klein“, Interview mit dem Psychologen Manfred Spitzer, in: chrismon 08.2019, S. 14)

Die Eichen von Ivenack

Vertrautes Damwild, heimliche Muffel und glückliche Schweine: unter den 1000jährigen Eichen von Ivenack lässt es sich gut leben. Jetzt sind die Baumriesen in Mecklenburg-Vorpommern zum ersten Nationalen Naturmonument Deutschlands erklärt worden. Halali-Autor Volker Pesch hat sich das vor Ort angesehen.

Die Sau grunzt auffordernd. Kurz äugt sie den Besucher an, als erwarte sie eine besondere Leckerei, vielleicht einen Apfel oder auch ein belegtes Brot mit Käse. Aber diesen Besucher erweichen die Schweinsäuglein nicht, er wirft ihr nur eine Handvoll Mais aus dem Futterautomaten hin, alles andere wäre auch nicht gerne gesehen. Also wendet sich die Sau wieder den Eicheln zu, die der Sturm der letzten Nacht vorzeitig vom Baum gerissen hat. Genüsslich nimmt sie eine nach der anderen auf. Man ist versucht zu glauben, dass diese Sau um ihr Glück weiß. Sie zählt nämlich nicht nur zur alten Rasse der Turopolje-Schweine, die als besonders umgänglich gelten und sich kaum aus der Ruhe bringen lassen, sondern sie lebt auch unter den vielleicht ältesten Eichen Europas, den 1000jährigen Eichen von Ivenack. Und sie kennt ganz sicher nicht die alte Fleischerweisheit, dass unter alten Eichen die besten Schinken wachsen.

Weiterlesen in HALALI Nr. 4/2016 oder hier als pdf

Heute noch jagen?

Es ist einigermaßen absurd und doch traurige Realität, dass Jagd und Jäger heute unter permanentem Rechtfertigungsdruck stehen. Wer sich mit grünem Hut in der Öffentlichkeit zeigt oder bei facebook ein Wildrezept postet, muss schon ein dickes Fell haben. Da kommt das neue Buch von Hans-Dieter Pfannenstiel gerade recht. Denn der Biologieprofessor und Wild-und-Hund-Autor belegt darin „die Berechtigung und Notwendigkeit nachhaltiger Jagd in unseren naturfernen Kulturlandschaften und weist den Weg für ein zukunftsfähiges Waidwerk“ – so verheißt es der Klappentext.

Tatsächlich arbeitet Pfannenstiel die relevanten Themen ab, angefangen bei Evolution und Geschichte der Jagd über ethische und ökologische Fragen bis hin zu den praktischen Grundlagen einer waidgerechten Jagdausübung. Ein strammer Parforceritt durch Theorie und Praxis ist das. Nur gelegentlich scheint der fromme Wunsch Vater des niedergeschriebenen Gedankens gewesen zu sein, etwa bei der Aussage, die Mehrzahl der heutigen Jäger huldige nicht mehr dem Trophäenkult. Wer auch nur einmal der Vorbereitung einer Hegeringversammlung beiwohnen durfte, wird dieser Aussage nicht vorbehaltlos zustimmen. 

Aber das sind nur Nebensächlichkeiten. Es stellt sich allerdings die Frage, für welche Zielgruppe das Buch geschrieben ist. Denn wer sich bereits intensiver mit der Jagd beschäftigt hat, wird darin vielleicht manche Bestätigung finden, aber nur wenig Neues. Jagdgegner hingegen, denen die Lektüre eigentlich dringend zu empfehlen wäre, werden kaum ein Buch zur Hand nehmen, das die Trophäe eines Vierzehnenders auf dem Titel zeigt und vom Verlag als „Plädoyer für die Jagd“ angepriesen wird.   

Hans-Dieter Pfannenstiel, Heute noch jagen? Das Waidwerk – geliebt und geächtet, erschienen 2017 im Franckh-Kosmos Verlag, 304 Seiten, gebunden, 24,99 Euro

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Der Mann, der einen Baum fällte…

Nachdem Peter Wohlleben allen Naturfreunden vom geheimen Doppelleben der Bäume erzählt hat, dürfte es nicht mehr lange dauern, bis Hilal Sezgin eine Baumethik vorlegen wird. Da Baumkinder, so könnte sie darin ausführen, von ihren Baummamis mit Zucker versorgt werden und gerne Fangen spielen, wenn ihre Baumpapis nicht hinsehen, ist jedwede Form der Holznutzung durch den Menschen ethisch nicht zu verantworten. Es bedarf keiner hellseherischen Befähigung, auch diesem Werk großartige Verkaufserfolge vorherzusagen.

Völlig frei von esoterischem Geschwafel ist dagegen ein Buch, das schon im Titel die scharfe Axt anlegt. Der Mann, der einen Baum fällte und alles über Holz lernte, heißt Robert Penn und ist ein Waliser Journalist und Autor, der unter anderem für Financial Times und Observer schreibt. 

Und der Titel hält, was er verspricht: Nachdem Penn eine gut gewachsene Esche gefunden und den rund 140 Jahre alten Baum gefällt hat, lässt er das Holz aufsägen und von Handwerkern in ganz Europa zu Dingen des täglichen Gebrauchs verarbeiten. So lernt er nach und nach vielleicht nicht „alles über Holz“, aber doch vieles über die Auswahl der richtigen Stücke und ihre Verarbeitung zu Möbeln, Werkzeugstielen oder Löffeln. Am Ende sind insgesamt 41 verschiedene Dinge aus dem Holz dieser einen Esche entstanden. Nur ein kleiner Rest an Astholz und Rinde ist dort, wo der Baum einst gewachsen war, verblieben. Als Nährstoff für künftige Eschen.

Robert Penn lässt seine Leser auf durchaus unterhaltsame Art daran teilhaben. Damit mache er sich, schreibt er an einer Stelle, für den Gebrauch der Esche als nachhaltige Ressource stark. Darüber hinaus wolle er wieder ins Bewusstsein bringen, „dass die Freude, die wir an Gegenständen aus natürlichen Materialien haben, die Freude, die wir an der Natur selbst haben, widerspiegelt.“ Das ist ihm wirklich gelungen!

Robert Penn: Der Mann, der einen Baum fällt und alles über Holz lernte, erschienen in 2. Auflage 2016 im Ullstein Verlag, 272 Seiten, gebunden, 20,00 Euro

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Hidden

Der Titel dieses in jeder Hinsicht aus der Fülle von Bildbänden herausragenden Werks ist gleich in mehrfacher Weise bedeutsam: „Hidden“, also verborgen, ist der Jäger für das Wild. In Loden oder Tarnfleck, auf der Kanzel oder hinterm Schirm. Verborgen ist die Jagd, nämlich für jene Menschen, die ihr nicht selbst nachgehen. Sie machen sich oft kein Bild davon, oder – schlimmer noch – stellen sich Jagd und Jäger in Klischees vor. Verborgen kann schließlich der Fotograf sein, auch in dem Sinne, dass die Fotografierten nicht posieren, sondern authentisch sind, ganz bei sich und ihrer Sache, der Jagd.

Über mehrere Jahre hat der in München lebende Fotograf Michael Tummings Jagden und Jäger mit der analogen Mittelformatkamera begleitet. Entstanden sind Bilder von einer ungeheuren Präsenz und Wirkung, die mit den heute üblichen digitalen Megapixelwundern nur soviel gemein haben wie ein Land Rover Defender mit einem Opel Ampera. Die 42 Fotografien zeigen beispielsweise britische Flintenjäger, Ansitzjagden bei Dresden, irische Foxhunter oder rumänische Hundeführer. Andere Fotos bilden Orte der Jagd ab, scheinbar menschenleere Landschaften und Wälder. Der Betrachter versinkt förmlich darin und sucht unwillkürlich nach anwechselndem Wild.

Tummings Neugier, so schreibt er selbst in einem Begleittext, gilt „weniger dem Beobachten des Jagens als Akt des Tötens als vielmehr einer Gruppe, die inmitten dieser hektischen nervösen Zeit einer zeitlosen Haltung folgt: traditionell, naturverbunden, rituell, emotional, familiär, kommunal, archaisch, dem Augenblick verhaftet.“ So gesehen ist er mehr Anthropologe als Fotograf. Die Kamera erschließt ihm und dem Betrachter seiner Bilder den Zugang zu dieser Gruppe. 

Michael Tummings, HIDDEN. Gestaltet von Studio Martin Steiner, Leinenfesteinband 24 x 30 cm, 112 Seiten, 42 Fotografien, 48,00 Euro

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Abschuss

Freunde des Kriminalromans haben es gut: Schon bald werden für jeden Beruf, jede Passion und jede Region Krimis geschrieben sein. Sie fahren gerne Ski? Dann lesen Sie unseren spannenden „Alpen-Krimi“! Ihre Tochter studiert? Schenken Sie den neuesten „Universitäts-Krimi“! Sie kochen gerne? Im „Gourmet-Krimi“ wird in der Küche gemordet! Jagd und Jäger machen da keine Ausnahme, wie sollte es auch anders sein, schon der Waffen wegen drängen sich die Tatorte Hochsitz und Jagdzimmer ja geradezu auf.

Nun hat Rolf Eversheim, der langjährige Geschäftsführer des DJV und der Jägerstiftung Natur+Mensch, einen Krimi vorgelegt. Wenig überraschend, dass sein Protagonist Roman Mülenberk passionierter Jäger ist und Anfang fünfzig. Ein Berufsaussteiger, der im Wohnmobil mit Waffentresor lebt und sein Geld als Berater und Coach verdient, wenn er nicht gerade im eigenen Revier in der Eifel ansitzt. Außerdem ist er – wie der Autor selbst – Mitglied einer Studentenverbindung, deren Wahlspruch „niemals zurück!“ lautet. Und den nehmen sie dort alle sehr ernst, allerdings jeder auf seine Weise.

Ein Bundesbruder bittet Mülenberk verschwiegen um Hilfe: Seine Tochter ist entführt worden. Und sie ist nicht die einzige junge Frau in Gefahr. Nach und nach wird klar, dass es hier um Zwangsprostitution und Designerdrogen geht, aber auch um die ganz große Liebe, die längst vergangen ist und doch bis in die Gegenwart reicht. Die Spur führt in ein niederländisches Bordell, und Mülenberk muss sich schließlich entscheiden, ob er schießt oder tatenlos der Ermordung einer Unschuldigen zusieht. Ihm bleibt keine Zeit nachzudenken. Zu seinem Glück sind die Corpsstudenten von früher heute Staatsanwälte, Chirurgen und Botschafter – ein Netzwerk, dass ihn am Ende retten wird. Nicht ganz legal, versteht sich. Aber durchaus liebenswert.

Rolf Eversheim, Abschuss. Eifel-Krimi, Paperback, 235 Seiten, CMZ-Verlag, 12,95 Euro

Erhältlich beim Autor unter blut-und-wurst.de

Jagdgefährten

Delius Klasing ist einer der größten Special Interest-Verlage. Das Programm weist weit über 1000 lieferbare Titel aus: Bücher, Zeitschriften und Kalender, längst auch Software und Apps. Thematischer Schwerpunkt ist der Wassersport, auch Radfahrer und Automobilfreunde finden hier passende Lektüre. Jäger bisher nicht. Schon deswegen lässt es aufmerken, wenn der Verlag nun einen opulenten Bildband zur Jagd publiziert. Vielleicht steckt dahinter die Erkenntnis, dass die mittlerweile über 380.000 Jäger allesamt zu Weihnachten und Geburtstagen beschenkt werden wollen. 

Die denken bei dem Wort „Jagdgefährten“ wahrscheinlich zuerst an ihre Vierläufer. In diesem Band ist das aber in einem viel weiteren Sinne gemeint: „Jagdgefährten“ können beispielsweise auch eine besondere Rigby-Büchse sein, der alte Rucksack eines bayrischen Berufsjägers, ein junger afrikanischer Fährtenleser oder der Klassiker unter den Geländewagen, der Land Rover Defender. Die durchweg kurzweiligen und reich bebilderten Geschichten erzählen, was aus der Sicht von 14 eher unbekannten Jägern und einer bekannten Jägerin (Niko Fux) unbedingt zur Jagd gehört. 

Ein ebenso ungewöhnliches wie mutiges Konzept, zu dem man Verlag und Autoren nur beglückwünschen kann. Bei dem satten Preis des Bandes sei aber auch ein wenig Kritik erlaubt: Wir sind ja heute durchaus verwöhnt, was die Qualität von Bildern angeht. Moderne Internetplattformen oder Top-Magazine wie HALALI zeigen regelmäßig beeindruckende Fotografien, und selbst die Kundenzeitschriften und Kataloge größerer Jagdausrüster machen oft mit atemberaubenden Aufnahmen auf. Deswegen sind Erwartung und Anspruch an einen Bildband im oberen Preissegment natürlicherweise besonders hoch. 

Die Tierfotografie in „Jagdgefährten“ wird dem leider nicht immer gerecht. Dabei enttäuscht weniger die Auswahl der Motive als vielmehr die Auflösung einzelner Fotografien, also deren Brillanz und Farbtiefe. Außerdem sei dem Textautor Jan van Rossem für sein nächstes Buch zu mehr Nebensätzen und Kommata geraten. Die setzt er in einzelnen Passagen nur sporadisch ein, was die eigentlich spannenden und interessanten Texte stellenweise schwierig zu lesen macht.

Thomas Ernst und Jan Hüffmeier: Jagdgefährten. Was uns auf der Pirsch begleitet – Menschen und ihre Passion, 240 Seiten, 179 Farbfotos, Format 28x29cm, gebunden, Delius Klasing Verlag, 78,00 Euro

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Onno Viets und der weiße Hirsch

Ohne Zweifel gehört Onno Viets zu den skurrilsten Figuren der neuen deutschen Literatur. Ein klassischer Antiheld ist dieser schrullige Mittfünfziger, Hartz-IV-Empfänger, Pingpongspieler, Privatdetektiv mehr aus Zufall denn Begabung. Und seit seinem ersten Fall („Onno Viets und der Irre vom Kiez“) gezeichnet von einer posttraumatischen Belastungsstörung mit schweren Panikattacken, die ihn bis in die scheinbare Idylle des Dörfchens Finkloch verfolgt. 

Der dritte Teil der Trilogie spielt überraschenderweise zeitlich vor dem zweiten Teil („Onno Viets und das Schiff der baumelnden Seelen“). In Finkloch, von Besuchern mit Mobiltelefon auch gerne „Funkloch“ genannt, will Onno eigentlich zur Ruhe kommen, auf langen Spaziergängen mit Hündin Diana und nächtlichen Ansitzen neben Schwiegervater Henry, dem pensionierten Amtsförster. Aber dann wird ein Waidgenosse tot auf der Kanzel gefunden, den letzten Bissen zwischen den Zähnen, und der Streit mit der esoterischen „Katzenzenzi“ und deren mondsüchtigen Jüngerinnen eskaliert. Nach einem nächtlichen Schusswechsel findet sich keine Leiche, obwohl sich der alte Förster ganz sicher ist, Kugelschlag gehört zu haben. Und wie hängt das alles zusammen mit dem mysteriösen Verschwinden seiner Stieftochter vor nunmehr 16 Jahren? 

Sowenig dieser Onno ein typischer Detektiv ist, sowenig ist dieser Roman ein typischer Krimi. Schon gar kein „Jagdkrimi“ (wenn denn die einschlägigen Titel überhaupt genug Gemeinsamkeiten aufweisen, um zu einer Gattung zusammengefasst werden zu können). Zunächst ist das Buch eine durchaus unterhaltsame, oft satirische Milieustudie des Dorflebens. Jagende Leser und Leserinnen wird zudem die fein recherchierte und klug dosierte Jägersprache erfreuen, auch wenn der Hamburger Autor manches Mal bis an die Grenze zum Spott geht. Aber dann findet man sich plötzlich und ganz unerwartet in den Tiefen einer Familiengeschichte wieder, die bis zum RAF-Terrorismus der 70er Jahre und zu den Traumata der Kriegsvertriebenen des Zweiten Weltkriegs reicht. 

Frank Schulz, Onno Viets und der weiße Hirsch, Verlag Galiani Berlin 2016, 358 Seiten, gebunden, 19,99 Euro

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Das verborgene Leben des Waldes

Wer es genauer wissen möchte, aber die Fachliteratur scheut, der findet seit einiger Zeit eine ganze Reihe von Büchern auf den Bestsellerlisten, die Naturbeschreibung und Prosa vereinen. Helen McDonalds H wie Habicht wäre beispielhaft zu nennen oder auch Kerstin Ekmans Der Wald, und nicht zuletzt die vielen Titel der Reihe Naturkunden bei Matthes & Seitz. „Nature Writing“ nennt sich dieses wiederentdeckte literarische Genre.

Einer der ganz großen internationalen Erfolge ist David Haskells wunderbares Buch Das verborgene Leben des Waldes. Ein Jahr lang besucht der Biologe immer und immer wieder einen winzigen Flecken Waldboden im Südosten von Tennessee. Nicht einmal einen Quadratmeter misst dieses „Mandala“, wie er das in Anlehnung an die geometrischen Figuren aus der buddhistischen Meditation nennt. Mit Lupe und bloßem Auge beobachtet er, still und ohne einzugreifen. Mal sind es Flechten oder Pilze, die seine Aufmerksamkeit erregen, dann Frühblüher oder Waldvögel; Salamander sonnen sich, Schnecken durchqueren das Mandala und Paarhufer oder Waldarbeiter hinterlassen ihre Spuren. 

Aber Haskell belässt es nicht bei der bloßen Beschreibung: Ausgehend vom Einzelnen und Kleinen, das er unmittelbar sieht, hört, riecht und fühlt, lässt er uns den Wald als Lebensraum miterleben und verstehen. Und das mit dem profunden Wissen des Naturforschers und einer wirklich beneidenswerten Sprachbegabung. 

David G. Haskell, Das verborgene Leben des Waldes. Ein Jahr Naturbeobachtung, Verlag Antje Kunstmann 2015, 328 Seiten, gebunden, 22,95 Euro

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