Texter | Journalist | Schriftsteller

Kategorie: Angelesen (Seite 2 von 2)

Auszüge aus Magazin-Beiträgen von Volker Pesch, teilweise mit Links zu den vollständigen Artikeln

Ein Biotop als Wirtschaftsbetrieb

Im äußersten Nordosten der Republik liegt der Landkreis Vorpommern-Greifswald. Gut zwei Autostunden von Berlin entfernt bewirtschaftet eine Familie das historische Kirchengut Strellin als ökologisch ausgerichteten Betrieb.

Für heute ist die Jagd vorbei. Hinter dem Feldgehölz in meinem Rücken hat längst die Sonne ihren Tageslauf begonnen und wärmt schon spürbar. Ein letztes Mal leuchte ich die Flächen ab, bleibe kurz bei einer Ricke hängen, die sich vertraut den frischen Klee schmecken lässt, schwenke am schilfbestandenen Rand des Bruchs entlang bis zu der dichten Hecke aus Schlehen, Holunder und Weißdorn, die das Revier nach Westen hin begrenzt und lasse das Glas schließlich sinken. In den nächsten zwei oder drei Stunden wird hier kein Bock mehr kommen. Also recke und strecke ich mich und gähne dabei lauthals einen Gruß in den frühen Julimorgen. Die Ricke wirft auf, scheint das Geräusch aber nicht bedrohlich zu finden. Leise entlade ich die Büchse, packe meine sieben Sachen zusammen und baume ab.
Querfeldein gehe ich in Richtung Gutsanlage und … (lesen Sie hier weiter)

Im Wolfserwartungsland

Der Europäische Grauwolf siedelt und jagt wieder in Deutschland. Unter denen, die alltäglich mit dem neuen Nachbarn leben müssen, ist die Willkommensfreude verhalten. Halali-Autor Volker Pesch hat sich [Ende 2015] in Mecklenburg-Vorpommern angeschaut, was die Rückkehr der Wölfe heute und in naher Zukunft für Schäfer, Landwirte und Jäger bedeutet.

Zuerst war das Wort nur ein bitterböse Pointe: Wolfserwartungsland, das stand für entleerte ländliche Räume und sterbende Dörfer im Osten der Bundesrepublik. Ein Finger in jenen Wunden, die Soziologen und Raumplaner gerne als Folgen des demographischen Wandels schönreden. Wo Menschen keine Lebensgrundlage mehr finden und abwandern, das sollte damit ausgedrückt werden, siedeln sich bald wieder Wölfe an. „Ostdeutschland war in den letzten 25 Jahren bereits das Labor für Niedriglöhne, Tarifflucht und Abwanderung“, warnte beispielsweise Helmut Holter, Fraktionschef der Linken im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern, „es darf jetzt nicht Wolfserwartungsland werden.“ Ein kräftiges Bild ist das, und es leuchtet politisch unmittelbar ein. Wildbiologisch betrachtet hat es allerdings einen Fehler: Die Wölfe siedeln sich nämlich auch dort an, wo Menschen leben.

Weiterlesen in HALALI Nr. 1/2016 oder hier als pdf

Raubtier mit Pferdekopf

Ein großes Raubtier kehrt nach Deutschland zurück. Doch mit der Population wachsen die wirtschaftlichen Schäden, und mit den Schäden der Streit. Die einen fordern Schutz und Monitoring, die anderen Jagd und Regulierung. Nein, die Rede ist nicht vom Wolf. Halali-Autor Dr. Volker Pesch hat sich vielmehr mit der Kegelrobbe an der Ostseeküste beschäftigt.

Ein einzelner Höckerschwan zieht vorbei. Das rhythmische Schlagen seiner Schwingen hatte ihn angekündigt, lange bevor der weiße Vogel selbst auszumachen war. Es ist an diesem Aprilmorgen das einzige Geräusch, die einzige Bewegung über dem Greifswalder Bodden. Abgesehen vom Tuckern des Dieselmotors und dem Kielwasser des Kutters. Selbst die Möwen scheinen noch zu schlafen. Weit voraus am Horizont zeichnet sich schemenhaft die kleine Insel Greifswalder Oie ab. An backbord wird die Steilküste von Mönchgut erkennbar, an steuerbord verwandelt die aufgehende Sonne die Schornsteine des ehemaligen Kernkraftwerks von Lubmin in weithin sichtbare Landmarken. 

Hier, an der seewärtigen Grenze des Biosphärenreservats Südost-Rügen, liegen die Fischgründe eines der letzten Küstenfischer. Sein Name tut nichts zur Sache, also nennen wir ihn einfach „Jochen“, mit langem O, wie es in Vorpommern üblich ist. Üblich wie das orange Ölzeug als Schutz gegen Wetter und Fischschuppen, üblich wie die Gummistiefel und der Stoppelbart, der in Form und Farbe an eine Spülbürste aus dem Bioladen erinnert. Dieser Jochen ist nur eine Erfindung des Autors, aber er steht stellvertretend für einen Berufszweig, der die Region einst wirtschaftlich und kulturell geprägt hat und heute zwischen Fangquoten, Nachhaltigkeitszertifikaten und Weltmarktpreisen aufgerieben wird. 

Sein Alter ist schwer zu schätzen, er ist sicher nicht mehr der Jüngste. Obwohl er das schon ewig und drei Tage macht, ist ihm die aufmerksame Anspannung anzusehen, während er eine seiner Reusen ansteuert. Deren hölzerne Stengen sind ins flache Wasser an den Rand einer Untiefe gerammt. Die Topografie des Meeresgrundes zwingt hier die Fische aufzusteigen und leitet sie in die Netze. Jochen drosselt den Motor. „Werden gleich sehen, ob die Viecher heut Nacht wieder dranwaren“, grummelt er, während das Boot mit letztem Schwung auf die wackelige Konstruktion zutreibt.

Weiterlesen in HALALI Nr. 1/2019

Die Eichen von Ivenack

Vertrautes Damwild, heimliche Muffel und glückliche Schweine: unter den 1000jährigen Eichen von Ivenack lässt es sich gut leben. Jetzt sind die Baumriesen in Mecklenburg-Vorpommern zum ersten Nationalen Naturmonument Deutschlands erklärt worden. Halali-Autor Volker Pesch hat sich das vor Ort angesehen.

Die Sau grunzt auffordernd. Kurz äugt sie den Besucher an, als erwarte sie eine besondere Leckerei, vielleicht einen Apfel oder auch ein belegtes Brot mit Käse. Aber diesen Besucher erweichen die Schweinsäuglein nicht, er wirft ihr nur eine Handvoll Mais aus dem Futterautomaten hin, alles andere wäre auch nicht gerne gesehen. Also wendet sich die Sau wieder den Eicheln zu, die der Sturm der letzten Nacht vorzeitig vom Baum gerissen hat. Genüsslich nimmt sie eine nach der anderen auf. Man ist versucht zu glauben, dass diese Sau um ihr Glück weiß. Sie zählt nämlich nicht nur zur alten Rasse der Turopolje-Schweine, die als besonders umgänglich gelten und sich kaum aus der Ruhe bringen lassen, sondern sie lebt auch unter den vielleicht ältesten Eichen Europas, den 1000jährigen Eichen von Ivenack. Und sie kennt ganz sicher nicht die alte Fleischerweisheit, dass unter alten Eichen die besten Schinken wachsen.

Weiterlesen in HALALI Nr. 4/2016 oder hier als pdf

Freizeitvergnügen mit Nähr-Wert

Intensive Landwirtschaft und Krankheiten machen den Honigbienen und ihren wilden Verwandten zu schaffen. Im ersten Teil seines Beitrags hatte Halali-Autor Dr. Volker Pesch seinen Blick auf die konventionelle Imkerei gerichtet. In diesem zweiten Teil beschäftigt er sich mit der ökologischen Bienenhaltung. 

Mein Besuch bei einem konventionell arbeitenden Imker hat gemischte Gefühle ausgelöst (siehe Halali Nr. 2/2019). Am Ende standen die Fragen, ob diese auf Ertrag und Effizienz fokussierte Form der Bienenhaltung artgerecht und ob der Einsatz von Medikamenten und Säuren wirklich nötig ist. Gibt es vielleicht eine Imkerei, habe ich mich gefragt, die artgerecht und ökologisch ist und zugleich dem Imker einen ausreichenden Ertrag bringt?

Auf der Suche nach ersten Antworten bin ich mit einem jungen Imker verabredet. Jonah ist Landwirt und nach Ausbildung und Studium in den elterlichen Betrieb eingestiegen. Es ist ein ökologisch wirtschaftender Betrieb, der in erster Linie Milchvieh hält und einen Großteil seiner Ackerböden in mehrjähriger Fruchtfolge für den Anbau von Futterpflanzen nutzt. Eine kleine Oase inmitten der vorpommerschen Agrarwüste, dazu mit Streuobstwiese, alten Linden und anderen blühenden Bienenfreuden. 

Jonah hat das Handwerk zwar bei einem konventionellen Imkerpaten gelernt und seine ersten eigenen Völker entsprechend gehalten. Aber er plant auf mittlere Sicht, zumindest in kleinerem Ausmaß gewerblich zu imkern und diesen Betriebszweig nach den Richtlinien des Verbands Naturland e.V. zertifizieren zu lassen. Dann kann er den Honig als Bio-Honig vermarkten, das passt nicht nur zum Betrieb und seiner Lebensphilosophie, sondern erzielt auch einen höheren Preis. Deswegen richtet er seine Betriebsweise jetzt schrittweise danach aus.

Weiterlesen in HALALI Nr. 3/2019 

Der Boden unter unseren Füßen

Die Vereinten Nationen haben das Jahr 2015 zum Internationalen Jahr der Böden erklärt. Denn die Böden, so steht es in der Resolution der Generalversammlung, sind der Schlüssel zur Bewahrung des Lebens auf unserem Planeten. Halali-Autor Volker Pesch hat sich daraufhin den Waldboden genauer angesehen. 

Viele Mythen und Märchen führen tief in den deutschen Wald. Von der Schlacht im Teutoburger Wald über Hänsel und Gretel bis zum Schwarzwaldmädel. Kaum etwas ist so bedeutungsgeladen, um nicht zu sagen: so belastet. Historisch, ideologisch, mythisch. Allenfalls der Wolf kommt da noch mit.

Aber wer den Blick nur nach oben richtet, in die Kronen mächtiger Buchen oder zu den Spitzen dunkler Tannen, der muss sich vorsehen, nicht im Brombeergestrüpp zu straucheln oder über ein Totholz zu stürzen. Leicht könnte es ihm sonst ergehen wie Thales von Milet, jenem Philosophen, von dem Platon eine kleine Anekdote erzählt: Thales sei, als er astronomische Beobachtungen anstellte und deswegen angestrengt nach oben blickte, in einen Brunnen gefallen. Darob habe ihn eine thrakische Magd lauthals ausgelacht. Er strenge sich an, die Dinge im Himmel zu erkennen, habe sie gespottet, aber von dem, was direkt vor seinen Füßen liege, habe er keine Ahnung.

Nun sind thrakische Mägde selten im deutschen Wald, und insofern ist die Gefahr eher gering, hier von einer ausgelacht zu werden. Dann schon eher von Sauen, Rehen oder Rothirschen. Vielleicht würden sich auch die Myriaden von Klein- und Kleinstlebewesen amüsieren. Die unzählbaren Bakterien, Pilze, Bodenalgen und Geißeltierchen. Dazu die Fadenwürmer und Milben, Molusken, Asseln, Käfer, Larven, Kerbtiere und Würmer. Denn schließlich leben in jeder Handvoll gesunden Waldbodens mehr pflanzliche und tierische Organismen als Menschen auf dem Planeten Erde. Was wäre das für ein mächtiger Chor!

Wenn wir ihn denn hören würden. Aber wahrscheinlich ist all diesen Lebewesen ohnehin das Lachen längst vergangen. Denn es ist nicht gut bestellt um ihr gemeinsames Habitat. Die Vernichtung unserer Lebensgrundlagen macht vor dem Waldboden nicht halt. Ganz im Gegenteil: der Wald stirbt auch von unten. Leise, aber erschreckend schnell.

Weiterlesen in HALALI Nr. 3/2015

Abenteuer Flusslandschaft

Im äußersten Nordosten der Bundesrepublik liegt der Naturpark Flusslandschaft Peenetal. Mit der Renaturierung des einstigen Niedermoors wird eines der größten Naturschutzprojekte Deutschlands realisiert. Eine nachhaltige touristische Erschließung ist Teil des Konzepts. Halali-Autor Dr. Volker Pesch war mit dem Solarboot unterwegs.

Über der Peene ist es noch still. Nur ein schwacher Schimmer am Himmel spiegelt sich im glatten Wasser und kündigt den Sonnenaufgang an. Irgendwo ruckst ein Tauber. Das Morgenkonzert der Vögel ist jetzt, Ende Juli, schon eher verhalten. Am Ende des Bootsanlegers hebt ein Mann mit Zopf langsam seine Arme und streckt sie weit von sich. Wohl das Morgengebet eines Wasserwanderers, in Boxershorts und Sandalen. 

Lautlos gleitet ein weißes Boot heran. Das Ding erinnert allerdings mehr an ein Bügeleisen. Im Halbdunkel ist es erst nur schemenhaft zu erkennen, was der Szenerie etwas Unwirkliches, geradezu Mystisches verleiht. Der Steuermann blickt zu mir herüber und deutet mit dem Arm auf die Flussmitte. Nach kurzem Suchen sehe auch ich den dunklen Punkt, der die Wasseroberfläche wellenförmig bewegt. Tatsächlich: da schwimmt ein Biber. 

Der große Nager ist so etwas wie das Wappentier der Peene und umstritten wie sonst nur der Wolf. Neben dem Fischotter ist er der wichtigste tierische Werbeträger für eine touristische Entwicklung. Die Chance auf Biberanblick dürfte also nicht unerheblich dazu beigetragen haben, dass sich an diesem frühen Morgen noch sechs weitere Menschen zur Sonnenaufgangstour im Solarboot hier am Anleger in Stolpe bei Anklam eingefunden haben. 

Dieser Biber wird nicht der letzte sein, den wir in Anblick bekommen. Aber mit dem ersten Exemplar noch vor Beginn der eigentlichen Tour kann uns unser Guide Günther Hoffmann natürlich ganz entspannt an Bord begrüßen, auch wenn die Wetterprognose Regen und eher schlechte Sicht erwarten lässt. Das Hauptversprechen ist quasi schon erfüllt. Noch zeichnet sich der Sonnenaufgang mit zartem Lichtspiel am Himmel ab. Da heißt es keine Zeit verlieren. Nach kurzer Begrüßung fährt das Boot leise surrend los. Schweigend und staunend genießen wir die einzigartige Morgenstimmung auf dem Wasser.

Weiterlesen in HALALI Nr. 1/2018 oder hier als pdf

Neuere Beiträge »

© 2024 Dr. Volker Pesch

Theme von Anders NorénHoch ↑