Gleich mehrere Beiträge der aktuellen Ausgabe der ZEIT (No. 32 vom 1. August 2019) prangern Scheinheiligkeiten in der Klimadebatte an: Im Leitartikel fordert Bernd Ulrich endlich entschlossenes Handeln der Politik statt vollmundiger Deklaratorik, dagegen sei die Inkonsequenz vieler Klimaschützer eher eine „Nebenfrage“ (S. 1). Zukunftsforscher Stephan Rammler konstatiert im Interview den Handlungsdruck, aber anders als in den 70er und 80er Jahren sei Umweltpolitik heute nicht mit mehr eine Frage technischer Lösungen (Katalysator, Filter etc.), vielmehr müsse ein „neuer Generationenvertrag“ geschlossen werden, der jeden einzelnen betreffe (S. 4). Hanno Rauterberg thematisiert im Feuilleton die Scheinheiligkeit der Kunstwelt, die einen ökologischen Fußabdruck produziere, der „ähnlich maßlos ist wie der Geltungsdrang der Branche“; die derzeit allerorten gezeigte „Klimakunst“ diene zuallererst dem Greenwashing (S. 33). Und im Beitrag von Henning Sussebach fragt sich Landwirt Franz Lehner, ob die urbanen Bienenretter und die deutschen Reiseweltmeister wohl dieselben Menschen sind, ob es da „eine Schnittmenge der Scheinheiligkeit“ gebe (S. 26).

Erstaunlich ist nicht die Omnipräsenz des Themas. Erstaunlich ist die unverhohlene Kritik an einem urbanen Milieu, aus dem ein Großteil der Leserschaft der ZEIT stammen dürfte. Das grenzt ja schon an Publikumsbeschimpfung! Wahrscheinlich hofft die Redaktion, dass Landwirt Lehner Recht hat in seiner Annahme, „urban“ sei weniger geografisch zu verstehen als vielmehr charakterlich.