Die Medien berichten heute über eine Sternfahrt der Landwirte aus Mecklenburg-Vorpommern: Über 1000 Protestierende mit rund 550 Schleppern sind gestern zu einer Kundgebung in den Rostocker Stadthafen gekommen (Bild: Georg Scharnweber, SVZ). Ihr Protest richtete sich gegen das sogenannte Agrarpaket, mit dem die Bundesregierung einen verspäteten Schnellschuss in die Debatten um Klima-, Tier- und Artenschutz gesemmelt hat. Bundesweit fanden zeitgleich ähnliche Protestaktionen statt.

Das ist ein beeindruckendes Zeichen einer Branche am Pranger. Die Landwirte wollen nicht länger die „Prügelknaben der Nation“ sein, so die Organisatoren. Das kann man verstehen. Wenn dann allerdings gewarnt wird, das Agrarpaket bedrohe das „bäuerliche Idyll“, lasse „Bauernhöfe“ und „kleine Familienbetriebe“ sterben, bald gebe es keine „Kühe auf der Weide“ mehr und keine „regionalen Lebensmittel“ in „Hofläden“ – dann reibt man sich doch verwundert die Augen.

Bäuerliches Idyll? Fast 90 % der Betriebe in MV bewirtschaften mehr als 200 Ha Land, über 40 % sogar mehr als 1000 ha. Im Schnitt arbeiten darauf nur 1,2 Vollbeschäftigte pro 100 ha. In der Tierhaltung finden sich durchschnittlich 270 Rinder und 2155 Schweine. Betriebe mit ökologischem Landbau machen nur rund 16 % aus und sind überwiegend auch keine Kleinbetriebe (Zahlen aus der Agrarstrukturerhebung 2016). Das als „bäuerliches Idyll“ zu bezeichnen ist wohl eine contradictio in adjecto, ein innerer Widerspruch im Begriff.

Aber nichtsdestotrotz ist das Anliegen der Landwirte verständlich! Die klima-, tier- und artenschutzbesorgten Verbraucher zeigen nämlich mehrheitlich keine Bereitschaft, für Weißmehlprodukte, Milch oder Fleisch angemessene Preise zu zahlen. Und die (nationale und internationale) Politik versäumt es seit Jahren, hier besonnen steuernd einzugreifen. Die Landwirte haben in den vergangenen Jahren schon erhebliche Anstrengungen für mehr Tierwohl in den Ställen und weniger Gifte auf den Äckern unternommen, was selten irgendwo Erwähnung und nie Anerkennung findet. Und es ist den Betrieben kaum zuzumuten, in immer schnellerer Folge immer neue Sauen durch die Dörfer zu jagen. Sonst kommen unsere Lebensmittel tatsächlich irgendwann aus Regionen dieser Welt, in der es für Tier- oder Artenschutz nicht einmal Worte gibt.