Bei Sachbüchern zur Jagd fragt man sich gelegentlich, für wen sie eigentlich geschrieben sind. Für Jägerinnen und Jäger steht nichts Neues drin, andere Zielgruppen werden durch jägersprachliche Vokabeln abgeschreckt oder einfach nicht dort abgeholt, wo sie stehen. Kontroversen werden als bekannt vorausgesetzt (oder gleich ganz verschwiegen), einzelne Positionen als einzig wahre präsentiert. Sachbücher, die einerseits der Jagd positiv gegenüber stehen und sich andererseits ausdrücklich auch an eine nicht-jagende Leserschaft wenden, sind selten. 

In dieser Hinsicht sind die Bücher von Eckhard Fuhr echte Glücksfälle. Etwa „Lob der Jagd“ von 2011, das er gemeinsam mit Werner Schmitz geschrieben hat, „Jagdlust“ von 2012 oder auch sein Buch über die „Rückkehr der Wölfe“ von 2014. Fuhr war über viele Jahre Redakteur der FAZ, leitete das Kulturressort der Welt, arbeitete als Kulturkorrespondent und Kolumnist und lebt heute als freier Autor in Berlin. In Wild und Hund erschien seine monatliche Kolumne „Im Mediendschungel“. Darin hat er mitunter Positionen vertreten, die der traditionellen Jägerschaft nicht geschmeckt haben dürften. Und vor ein paar Jahren ist er in den Ökologischen Jagdverband (ÖJV) eingetreten und mittlerweile zum Stellvertretenden Vorsitzenden des ÖJV Brandenburg avanciert.

Jetzt ist unter dem Titel „Jagdkunde“ ein handliches Taschenbüchlein erschienen. Darin handelt Fuhr viele Aspekte der heutigen Jagd ab, angefangen bei den formalen Voraussetzungen der Jagdausübung über Waffen und Reviersystem, Hunde, jagdbare Arten und den Wolf bis hin zum Wildbret. Er versteht es wirklich, eigenes Jagderleben erzählerisch und unterhaltsam mit Informationen, Erklärungen, historischen Herleitungen, Anekdoten und Beschreibungen zum jeweiligen Thema zu verknüpfen. Das Buch zeugt von differenzierter Sachkenntnis und ist mit leichter Hand geschrieben. Für Jägerinnen und Jäger ist das kurzweilig, anderen vermag es die Jagd verständlich zu machen und also näherzubringen.

Eckhard Fuhr vertritt allerdings offensiv Positionen des ÖJV, etwa wenn es um den Schrotschuss auf Rehwild geht oder die Verkürzung der Schonzeit auf Böcke (siehe dazu den Beitrag Ohne Hemmungen auf Rehwild? in diesem Blog). In der Regel schreibt er das auch dazu. Und er argumentiert meist sachlich, vertritt diese Positionen nicht dogmatisch. Seine Ablehnung von Loden und Trophäen kommt in „Jagdkunde“ noch nicht ganz so deutlich durch wie zuletzt in einem taz-Interview, das leider von erheblicher Schwarzweißmalerei zeugt.

Man muss schon genau ins Impressum des Buches schauen um herauszufinden, dass es sich bei „Jagdkunde“ um eine durchgesehene Taschenbuchausgabe des bereits erwähnten Buches „Jagdlust“ handelt, mit verändertem Titel und Untertitel. Dieser Hinweis fehlt leider auch auf den Verlagsseiten und im Online-Handel. Das ist ärgerlich für Leserinnen und Leser, die bereits die gebundene Originalausgabe besitzen und sich auf ein neues Buch gefreut hatten. 

Der Text wurde lediglich durchgesehen und geringfügig überarbeitet. Besonders augenfällig ist das bei den Passagen, in denen es um den ÖJV geht. Ein Beispiel: 2012 hatte Fuhr noch geschrieben, die im ÖJV organisierten Jäger fände wohl deswegen soviel Resonanz in den Medien, „weil sie das Öko-Etikett nutzen, auch wenn es schlicht um holzwirtschaftliche Interessen geht.“ In diesem Zusammenhang hieß es, Journalisten ließen sich eben leicht einen Bären aufbinden. 2019 hat der ÖJV-Vizevorsitzende diese Sätze gestrichen.

Darüber kann man mindestens schmunzeln. Aus Sicht des Rezensenten ist das Buch aber auch in der neuen Fassung lesenswert. Wer antiquarisch eine Ausgabe von „Jagdlust“ auftreiben kann, sollte allerdings lieber zu dieser greifen, auch wegen der wunderbaren Zeichnungen von Cornelia Schleime.

Eckhard Fuhr: Jagdkunde. Zeitgemäße Betrachtungen über ein altes Handwerk, erschienen 2019 bei Matthes & Seitz, 176 Seiten, Paperback, 10,00 Euro
Originaltitel: Jagdlust. Warum es schön, gut und vernünftig ist, auf die Pirsch zu gehen, erschienen 2012 im Quadriga Verlag

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