Die Schorfheide nördlich von Berlin ist als Jagdrevier legendär. Vor allem deswegen, weil in kaum einem anderen Revier Jagd und Macht eine stärkere Verbindung eingegangen sind. Seit dem 12. Jahrhundert war die Schorfheide jagdlich dem Adel vorbehalten, und auch nach 1848 blieb die Region im Barnimer Land für Normalsterbliche gesperrt. Von Wilhelm II. sind Fotos vor beeindruckenden Rotwildstrecken bekannt, in der Weimarer Republik bliesen Reichspräsident Ebert und der preußische Ministerpräsident Braun hier das Halali, anschließend übernahm Hermann Göring die Schorfheide und machte sein protziges Anwesen „Carinhall“ zu einem der geheimen Machtzentren des nationalsozialistischen Deutschland. 

Helmut Suter hat die Geschichte der Schorfheide akribisch recherchiert und schon in mehreren Büchern dargestellt. Als Jagdhistoriker arbeitet er immer nah an den historischen Quellen, schreibt dabei durchaus flüssig und illustriert seine Texte reichhaltig mit Fotos, Karten und Dokumenten. Zuletzt hatte der Leiter des Schorfheidemuseums die jagd- und forstwirtschaftlichen Verhältnisse und Entwicklungen bis zum Ende der Monarchie nachgezeichnet. 

Jetzt hat er sich die Jahre nach 1945 vorgenommen. In seinem neuen Buch beschreibt Suter das Jagdwesen in der DDR unter zwei Aspekten: Zum einen wurde mit dem Jagdgesetz von 1953 eine Abkehr vom Reviersystem vollzogen. Die Jagd wurde fortan über staatliche Forstbetriebe und Jagdgesellschaften organisiert. Unter dem Slogan „Die Jagd gehört dem Volke“ erhielten tatsächlich breitere Schichten Zugang zur Jagd. Zum anderen rissen sich Mitglieder des Politbüros die besten Reviere als exklusive Staatsjagdgebiete unter den Nagel und führten darin nicht nur eine zweifelhafte Überhege der Bestände weiter, sondern auch die alte Verbindung von Jagd und Macht. Die Schorfheide sicherte sich Erich Honecker selbst. Einen Tag vor dem Mauerfall erlegte er hier seinen letzten Hirsch. 

Helmut Suter: Honeckers letzter Hirsch. Jagd und Macht in der DDR, be.bra Verlag 2018, 224 Seiten, zahlreiche Abbildungen, gebunden, 26,00 Euro

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