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Schlagwort: rehwild

Auf Rehe jagen

Cover Auf Rehe jagen

Was unterscheidet dieses Buch von den vielen anderen, die sich mit der Jagd auf unser heimisches Rehwild befassen? Es herrscht ja wahrlich kein Mangel an Titeln wie „Ansprechen und Bejagen“, „Hege und Jagd“, „Profitipps für die Praxis“ oder wahlweise auch „Praxistipps vom Profi“. Nun sind Vielfalt und Auswahl natürlich zunächst einmal erfreulich, und bei einer Jahresstrecke von mehr als 1,2 Millionen Rehen allein in Deutschland dürfen zweifellos auch ein paar Bücher mehr zum Thema Rehwildbejagung erscheinen.

Aber „Auf Rehe jagen“ verfolgt auch einen eigenen Ansatz, zumindest in dieser Deutlichkeit: Es richtet den Fokus konsequent auf wildbiologisches Know-how als Schlüssel zum jagdlichen Erfolg. Das ist wenig verwunderlich, denn der promovierte Wildbiologe und bekannte Fachautor Konstantin Börner ist wissenschaftlicher Mitarbeiter des Berliner Leibnitz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung und amtlich bestellter Sachverständiger für Jagd und Wildbiologie. In diesem Buch geht es erfreulich wenig um Waffen, Optik oder Trophäen.

Gegliedert ist es nach den vier Jahreszeiten. Darunter werden jeweils zuerst die wildbiologischen Fakten dargelegt, beispielsweise zu Verhalten, Nahrung oder Altersmerkmalen, und dann das Know-how für eine erfolgreiche Bejagung in dieser Jahreszeit. Diese Kapitel sind mit „Jagd & Management“ überschrieben, was schon darauf hinweist, dass der Autor eher nicht zu den Traditionalisten zählt. Begriffe wie „zügige Reduktion im Frühjahr“ (S. 24) und Aussagen wie „die meisten Jäger unternutzen ihre Rehbestände“ (S. 37) bestätigen das. Dabei schlägt sich der Autor nicht auf die Seite derjenigen, die im Rehwild nur den Waldschädling sehen. Er zeigt vielmehr Wege einer erfolgreichen Bejagung „mit Herz und Verstand“, die Wald und Wild gleichermaßen berücksichtigt. Ein sehr zeitgemäßes Buch zum Thema!

Konstantin Börner: Auf Rehe jagen. Mit Herz und Verstand, Franckh-Kosmos Verlag 2024, 160 Seiten gebunden, 28,00 Euro

Das Reh

Cover Das RehWo auch immer heute „klimastabile Mischwälder“ gefordert werden, klingt im Akkord der Ruf nach einer massiven Reduzierung der Rehwildbestände mit. Das Eintreten der Jägerschaft für diese liebenswerte Wildart wird lautstark übertönt. Politik und Forstwirtschaft machten der „kleinen braune Waldschere“ am liebsten den endgültigen Garaus, so scheint es zumindest, und manch eine Drückjagd in den Landesforsten zeigt, wie das aussehen könnte. 

Jetzt hat Rudolf Neumaier ein Buch vorgelegt, das den vermeintlichen Wald-(Reh-)Wild-Konflikt kritisch hinterfragt und mit deutlichen Worten die dahinter verborgenen Interessen der Forstwirtschaft offenlegt. Dabei lassen Autor, Verlag und Titel zunächst nicht auf solcherart Sprengstoff schließen: Neumaier war Feuilleton-Redakteur der Süddeutschen Zeitung, er ist zwar selbst Jäger, aber kein Vertreter jagdlicher Medien. Und der Hanser Verlag bewirbt das Buch im Internet als „faszinierende Kulturgeschichte des Rehs“. Tatsächlich finden sich darin auch Kapitel über das Reh in Kunst, Kultur und Geschichte sowie über die Biologie des kleinen Kulturfolgers. Mehr als die Hälfte des Buches nimmt aber ein langes Kapitel über das Reh als Politikum ein.

Das ist eine Art Reportage, basierend auf mehrjähriger Recherche, lebendig erzählt mit klarem Blick für ökologische, wirtschaftliche und politische Zusammenhänge. Neumaier belegt darin unter anderem, dass das Thema „Wildschäden“ so alt ist wie die Forstwirtschaft selbst – aber erst in den modernen „Forstplantagen“ zum Problem gemacht wird. Seine Schlussfolgerungen sind eindeutig: Das Reh ist nur der „Sündenbock einer verfehlten Forstwirtschaft“, und der Wald-Wild-Konflikt ist ein „heuchlerisches Mantra der Forstleute“. Dagegen zeigen Erfahrungswerte und wissenschaftliche Studien, dass es durchaus möglich ist, Wald und (Reh-)Wild im ökologischen Einklang leben zu lassen.

Dieses Buch ist ein Wolf im Schafspelz. Man kann nur hoffen, dass es auch von denjenigen gelesen wird, die sich bislang vor den Karren der Forstwirtschaft spannen lassen und dabei glauben, sie handelten ökologisch. Eine selbstkritische Auseinandersetzung mit dem Tun der Jägerschaft und weniger Schwarzweißmalerei wären dafür allerdings förderlich gewesen und hätten es diesem Leserkreis leichter gemacht.

Rudolf Neumaier: Das Reh. Über ein sagenhaften Tier, Hanser Verlag 2022, 224 Seiten gebunden, 24,00 Euro

Jagd zum Wohl des Mannes?

Welch haarsträubender Kommentar in der heutigen Ausgabe der Ostseezeitung! Bar jeglicher Sachkenntnis und nach offensichtlich mehr als einseitiger Recherche schreibt sich der Autor – immerhin Chefreporter der Zeitung – seine Vorurteile von der Leber.

Da weiß man gar nicht, wo man anfangen soll: Bei seinem völlig verzerrten Bild der Jägerschaft? Da hätte ein kurzer Blick auf die Seiten des DJV genügt (z.B. in diese Pressemitteilung). Bei seiner offensichtlichen Unkenntnis der rechtlichen Grundlagen und deren Bedeutung in der jagdlichen Praxis? Man denke nur an die aufwändige Aufstellung, behördliche Genehmigung und waidgerechte Erfüllung von Abschussplänen nach Wildarten, Altersklassen und Geschlecht. Oder bei seinen wildbiologisch eher abenteuerlichen Vorstellungen vom Wohlbefinden der Hirsche?  

Ostsseezeitung, Greifswalder Ausgabe, 7./8.12.2019, S. 6

Wahrscheinlich ist dem Verfasser gar nicht bewusst, dass er sich in der – vor dem Hintergrund des Klimawandels wieder neu entbrannten – Wald-Wild-Debatte vor einen Karren hat spannen lassen, und zwar von denjenigen, die in Wildtieren nur Schädlinge sehen. Im kommentierten Beitrag (gleiche Ausgabe, S. 9) geht es nämlich um die Frage der Notwendigkeit einer verlängerten Jagdzeit auf Rehwild, die derzeit in Mecklenburg-Vorpommern kontrovers debattiert wird, und da gibt es durchaus sachliche Gegenargumente, gerade aus Sicht des Tierschutzes (siehe dazu meinen Beitrag „Ohne Hemmungen auf Rehwild?“). Aber statt mit journalistischem Handwerkszeug die Argumente aller Seiten zusammenzutragen, diffamiert der Verfasser kurzerhand die gesamte Jägerschaft und erklärt die Jagd zu einem blöden Männlichkeitsritual.

Warum es im Kommentar dann plötzlich um Hirsche geht, bleibt offen. Denn auch in Mecklenburg-Vorpommern ist der Hirsch nicht der Vater vom Reh.

© 2024 Dr. Volker Pesch

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