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Paranoia der Medien?

Florian Asche ist kein Leisetreter. Im Gegenteil: wer Bücher mit Titeln wie „Jagen, Sex & Tiere essen“ oder „Kannst Du mal die Leber halten?“ (ein Kinderbuch!) veröffentlicht, liebt wohl den schwungvollen Auftritt. Es darf vermutet werden, dass er die medialen Regeln der Aufmerksamkeit ganz genau kennt und mit sicherer Hand bedient. Diese Vermutung nährt auch seine Kolumne „Asches letzter Bissen“ in Wild und Hund. Titel der aktuellen Folge: „Paranoia 2019. Unsere Freude am Weltuntergang.“ (WuH Nr. 16/2019, S. 112)

Umso mehr überrascht es, wenn ausgerechnet Asche darin zur allgemeinen und undifferenzierten Medienschelte anhebt. Die Ernteprognose 2019 des Deutschen Bauernverbandes im Wirtschaftsteil der FAZ reicht ihm als zentrale Wissensquelle, um den Klimawandel zu leugnen und kritische Medien wie ZEIT oder taz als politische Kampfinstrumente zu diffamieren. Und mit Verweis auf die historische Borkenkäferkalamität nach dem Krieg relativiert er die aktuelle Problematik. Seine Kolumne gipfelt in der Aussage, Fakten seien mittlerweile nur eine „Belastung“ für die Medien. In wessen Horn stößt er denn da?

Sicher gilt immer noch die alte Regel, „only bad news are good news“, und bekanntermaßen schlägt manche Schlagzeile weit über die Zeile hinaus. Im konkreten Fall könnte man aber leicht entgegnen, eine überwältigende Mehrheit der seriösen WissenschaftlerInnen und in der Folge auch WissenschaftsjournalistInnen gehe heute nunmal davon aus, dass es den Klimawandel gebe und wir aktuell dessen Vorboten und Zeichen erlebten. Ergo sagten und schrieben sie das auch so. Übrigens auch in der FAZ.

Aber hier geht es um einen anderen Punkt: Die pauschale Medienschelte ist einfach ärgerlich und sachlich falsch! Sie steht auch „Wild und Hund“ nicht gut zu Gesicht. Niemals zuvor in der Geschichte und nirgends sonst hatten und haben Menschen mehr, unterschiedlichere und freiere Medien zur Verfügung als hier und heute. Wer sich ausgewogen informieren will, hat dazu alle Möglichkeiten, in Text, Bild und Ton, analog oder digital, monographisch oder interaktiv. Er/sie muss nicht die ZEIT lesen, und niemand zwingt zur Lektüre der taz. Aber die Ernteprognose des DBV allein wird wohl eher nicht ausreichen, sich ein fundiertes Bild zu einem komplexen Problem wie dem Klimawandel zu machen.

1 Kommentar

  1. Schwenn JD

    Asche hat in seinem Artikel den Zustand des Waldes viel zu stark verkürzt wiedergegeben, aber völlig korrekt! die SDW nennt genaue Zahlen über Holzvorrat, Zuwachs und Nutzung. Nur ein Detail: die Waldfläche in D hat in den letzten 40 Jahren um 1×10*6 ha zugenommen, Gesamtvorrat 3.7×10*9 cbm, Nachwuchs p.a. 60×10*6 cbm, Einschlag p.a. 40×10*6cbm. Bei 20×10*6 cbm Überschuss p.a. stirbt unser Wald nicht.

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