Wir Jäger erfahren immer wieder, dass der Tod in unserer Gesellschaft verdrängt wird. Dabei geht es zumeist um den Tod der erbeuteten Tiere, genauer gesagt um das Töten. Selbst Zeitgenossen, die sich an der nächsten Fleischtheke gierig mit grillfertigen Fleischportionen eindecken, klagen unser Tun an. Das ist eine Form der Entfremdung. Denn wir Menschen, darauf weist Bernd Heinrich gleich zu Beginn seines Buches hin, sind „ein natürlicher Teil der Schöpfung und kein nachträglicher Einfall.“ Wir sind ein Glied in der Nahrungskette.
Der 1940 im heutigen Polen geborene und als Kind mit seinen Eltern in die USA ausgewanderte Autor ist Zoologe und emeritierter Professor für Biologie an der Universität Vermont. Seine Bücher unter anderem über Hummeln und Raben sind mehrfach ausgezeichnet und in viele Sprachen übersetzt. Und Bernd Heinrich ist Jäger.
Mit „Leben ohne Ende“ hat er nun eine Biologie derjenigen Lebewesen vorgelegt, die andere Organismen zersetzen und ihnen somit zur „Auferstehung“ in neuen Lebewesen verhelfen. Er nennt sie etwas salopp „Totengräber“, „Leichenbestatter“ oder „Recycler“. Es geht also um Rolle, Funktion und Arbeitsweise der Mikroorganismen und Pilze, Maden und Käfer, Rabenvögel und Geier, Prädatoren und Aasfresser und nicht zuletzt der Menschen. Und Heinrich untersucht auch, wie wir mit Veränderungen umgehen, insbesondere mit dem Übergang vom Leben zum Tod in Bestattungsritualen, Mythen und Glauben.
Das ist überraschend lesbar und anschaulich geschrieben. Dabei berührt es doch unsere Substanz im eigentlichen Sinne. Denn wie alle Lebewesen bestehen unsere Körper nur aus vorübergehend zusammengefügten Stoffen, aus Kohlenstoff, Sauerstoff und knapp 60 weiteren, die von anderen Lebewesen stammen und dereinst auch wieder in den ewigen Kreislauf des Lebendigen eingehen werden. „Der Tod ist kein Anlass, ein Ende zu betrauern,“ schreibt Heinrich, „sondern einen neuen Anfang zu feiern.“ Das lässt einen über das eigene Sein nachdenken und auch über die Form, in der man dereinst selbst bestattet werden möchte.
Bernd Heinrich: Leben ohne Ende. Der ewige Kreislauf das Lebendigen, erschienen 2019 im Verlag Matthes & Seitz, Reihe „Naturkunden“, 204 Seiten, in Leinen gebunden, 34,00 Euro
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