Wenn die Verlage über rückläufige Verkaufszahlen, den Niedergang des Buchwesens im Allgemeinen und die Undankbarkeit der Leserschaft im Besonderen klagen, sollten sich Verleger und Lektoren auch einmal an die eigene Nase fassen. Könnte das, so sollten sie sich vielleicht fragen, auch mit Masse und Qualität zu tun haben? Müssen beispielsweise, wenn sich Bücher von Martin Rütter, Cesar Millan oder Anton Fichtlmeier gut verkaufen, zwingend 27 weitere Titel in der Sparte „Hundeflüsterei“ erscheinen, und zwar pro Verlag und Jahr?
Bei Käufer oder Leserin führt das schnell zu gähnender Langeweile und Verdruss. Immerhin kosten ja selbst Paperbacks oder Englische Broschuren heute schnell mal 18 oder 22 Euro, gebundene Bücher häufig noch mehr. Wenn dann mal wieder so ein überflüssiges Werk auf Nimmerwiedersehen oben links im Bücherregal verschwindet, ist mitunter der Gedanke naheliegend, die nächste Neuerscheinung zu ignorieren und stattdessen Hundevideos bei YouTube anzuschauen. Die belasten weder Portemonnaie noch Regal. Und das Beste daran: schlechte Filmchen lassen sich einfach wegklicken.
Anlass dieser Gedanken ist ein Taschenbuch, das 2020 bei Kosmos erschienen ist (wobei ausdrücklich gesagt sei, dass Kosmos einer der wenigen Verlage ist, die in großer Zahl überaus lesenswerte Titel zu Natur und Jagd im Programm führen): „Der ganz normale Wahnsinn“ von Perdita Lübbe-Scheuermann und Frauke Burkhardt. Erklärtermaßen ist das Buch der beiden erfahrenen Hundetrainerinnen kein Ratgeber, sondern soll „kurzweilige Lektüre mit viel Mut zur Wahrheit“ sein. Der Verlag nennt es „frech, provokant, tiefgründig“. Das weckt Erwartungen.
Aber dann folgt Seite auf Seite voller Trivialitäten, Lamento und Spott. Von ganz hoher Warte blicken die beiden auf Hundetrainer, Hundeschulen, Hundehalter und ein wenig auch auf Hunde herab, und nach 88 Seiten weiß der tapfere Leser immerhin soviel: alle doof (außer den Hunden). Was fehlt sind lehrreiche oder unterhaltsame Geschichten, gute Fallbeispiele, interessantes Hundewissen oder irgendetwas, das Erkenntnisgewinn oder Lesespaß verschaffen würde. Bei diesem Buch ist weniger „Mut zur Wahrheit“ gefordert als vielmehr Mut zum Weiterlesen, zumal der Stil, vorsichtig formuliert, eher gewöhnungsbedürftig ist.
Ob das noch bis zum Ende auf Seite 208 so weitergeht, kann ich nicht sagen – denn ich habe, das gebe ich zu, diesen Mut nicht aufgebracht. Das kommt bei mir selten vor. Aber auf dem Stapel meiner zu rezensierenden Bücher liegen noch einige vielversprechende Titel, und auch meine (Lese)Zeit ist ja begrenzt und will nicht verschwendet sein.
Perdita Lübbe-Scheuermann und Frauke Burkhardt, Der ganz normale Wahnsinn. Von Hunden und ihren Menschen, Franckh-Kosmos Verlag 2020, 18,00 Euro
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