Texter | Journalist | Schriftsteller

Schlagwort: Jagdgeschichte

Homo destructor

Cover Homo destructor

Dieses Buch leuchtet ein hochkomplexes Thema aus, nämlich die „Mensch-Umwelt-Geschichte von der Entstehung des Menschen bis zur Zerstörung der Welt“. Geht’s auch etwas kleiner?, fragt man sich sogleich, aber womöglich sind der prägnante Titel des Buches und sein reißerischer Untertitel nur verkaufsfördernde Maßnahmen des Verlags. 

Der Autor ist in dieser Hinsicht jedenfalls unverdächtig: Werner Bätzing ist emeritierter Professor für Kulturgeografie und hat zahlreiche seriöse Publikationen vorgelegt. „Homo destructor“ schöpft aus jahrzehntelanger Forschung und darf wohl mit Fug und Recht als sein Opus magnum bezeichnet werden.

Die Leitfrage des Buches ist, ob der Mensch immer und überall ein Umweltzerstörer war und ist, also gewissenmaßen wesenhaft zerstörerisch. Die zu beantworten untersucht Bätzing das Verhältnis der Menschen zur Umwelt, angefangen bei den ersten Primaten über Jäger- und Sammlergesellschaften, bäuerliche und städtische Lebensformen, Reiche und Staaten bis zu den gegenwärtigen Industrie- und Dienstleistungsgesellschaften. Und er kommt zu dem Ergebnis, dass die globale Umweltzerstörung ein vergleichsweise junges Phänomen ist: Erst mit den modernen Naturwissenschaften, mit Aufklärung, industrieller Revolution und Marktwirtschaft, setzt sich das (selbst-)zerstörerische Denken und Handeln durch. Obwohl die Menschen immer schon die Natur genutzt und für ihre Zwecke umgeformt haben, ist die „Vernutzung der Natur“ (Bätzing) eine neuzeitliche Entwicklung. 

Daher sieht Bätzing grundsätzlich die Möglichkeit, an die Erfahrungen der vormodernen Gesellschaften anzuknüpfen und unser Denken und Handeln so zu ändern, dass wir die Natur wieder nutzen, ohne sie zu zerstören. Man kann dieses Buch mit großem Gewinn lesen, auch wenn man nicht alle Thesen und Schlussfolgerungen teilt.

Werner Bätzing: Homo destructor. Eine Mensch-Umwelt-Geschichte. Von der Entstehung des Menschen zur Zerstörung der Welt, Verlag C.H. Beck 2023, 463 Seiten gebunden, 32,00 Euro

Das Geschenk des Prometheus

Cover Stahmann

Der Mythos von Prometheus hat seit der ersten bekannten Darstellung lange vor Beginn unserer Zeitrechnung einige Wandlungen erfahren. Die Grundlinie der Geschichte ist immer die gleiche: Weil die Götter den Menschen das Feuer, das zugleich auch Symbol für Erkenntnis und Technik ist, vorenthalten, stiehlt es Prometheus und gibt es den Menschen. 

Aber Zeus‘ Rache ist bitter: Aus der längst zum Sprichwort gewordenen „Büchse der Pandora“ kommen alle möglichen Plagen über die Menschheit, und Prometheus selbst wird peinlich bestraft. Die Menschen zahlen demnach einen hohen Preis für Erkenntnis und Technik. Allerdings – und hier setzt das neue Buch von Dieter Stahmann an – ermöglichte das Geschenk des Prometheus auch die Entstehung der Kulturen, „deren geistiges, materielles und mythisches Erbe die Grundlage unserer humanistischen Lebenswelt bildet.“ 

Der erste Teil beschreibt den „Abschied von der Natur“ in fünf Schritten, vom aufrechten Gang bis zur industriellen Revolution. Dabei betont Stahmann, wie wichtig der zweite Schritt vom Sammler zum Jäger war. Erst durch die gemeinschaftliche Jagd wurde demnach der Mensch zum Homo sapiens. Der zweite Teil zeichnet die Evolution der Kulturen von den Anfängen bis in die Gegenwart nach: Unser geistiges, materielles und mythisches Erbe. Und der dritte Teil widmet sich der Erkenntnis der Natur, beginnend bei den Vorsokratikern und endend mit zeitgenössischen Debatten, etwa um Tierethik oder künstliche Intelligenz. Die Essenz ließe sich vielleicht so zusammenfassen: Das Menschheit hat das prometheische Geschenk der Weisheit noch nicht wirklich angenommen.

Halali-Autor Dieter Stahmann löste seinen ersten Jagdschein 1955, ist begeisterter Hundeführer (DD), war lange Zeit Hegeringleiter und zeitweilig auch Vorsitzender des Forums lebendige Jagdkultur. Seit vielen Jahren beschäftigt sich der Diplom Volkswirt mit der Philosophie und Sozialgeschichte der Jagd und hat dazu eine Reihe von Büchern und zahlreiche Beiträge in Fachzeitschriften veröffentlicht. „Das Geschenk des Prometheus“ ist so etwas wie die Quintessens seiner bisherigen kulturanthropologischen Arbeiten.

Dieter Stahmann: Das Geschenk des Prometheus. Die kulturelle Evolution des Menschen, NWM Verlag 2023, 300 Seiten gebunden, 24,95 Euro

© 2024 Dr. Volker Pesch

Theme von Anders NorénHoch ↑