Nicht erst seit der Pandemie ist eine allgemeine Hinwendung zur Natur zu verzeichnen. Zumindest in jenen (westlichen) Ländern, deren Landsleute in besonderem Maße zur Klima- und Artenkrise beitragen. Das zeigt sich auch in einem regelrechten Boom der Naturführer und Sachbücher über Insekten und Vögel, Wald und Wiese. Da krabbeln die Käfer, tirilieren die Vögel und brummen die Bäume, dass es die reinste Freude ist – nicht nur die Freude des Buchhandels. In aller Regel sind es Autorinnen und Autoren, die von außen auf die Natur schauen, sachkundig erläuternd in Feld und Flur oder schöpfend aus der Fülle der Fachliteratur.

Pauline de Bok geht anders vor. Wie schon „Blankow oder Das Verlangen nach Heimat“, eine Art Reisereportage in die Vergangenheit, und „Beute“, eine Reise ins Innerste der jagenden Autorin, hat sie auch ihr neues Buch als teilnehmende Beobachtung angelegt. Wieder hat sie sich in ihren mehr oder weniger zum Wohnhaus umgebauten Stall irgendwo in Mecklenburg zurückgezogen, dessen genaue Lage übrigens immer noch nicht verraten wird. Für de Bok ist der Ort zur „zweiten Heimat“ geworden. Umso mehr schmerzt sie die drohende Ausweisung, denn als Niederländische Staatsbürgerin darf sie während des ersten Lockdowns eigentlich gar nicht dort sein. Nur gut, dass ihr Auto mit dem gelben Kennzeichen defekt in einer Kfz-Werkstatt steht, was sie noch enger an den Ort bindet.

Aber das ist nur ein Nebenthema des Buches. De Bok beobachtet die Natur um sie herum, als „Tier unter Tieren“ oder „Menschentier“, das mit dem Ort „verwachsen“ ist. Sie sieht sich als Glied in der Nahrungskette, als Teil des Biotops, in dem sie gärtnert, sammelt und jagt, Wild beobachtet, einen Teich anlegt, Waschbären fängt (und isst!). Sie beschreibt ihr alltägliches Tun, reflektiert sich selbst und große Fragen wie die nach dem Recht zu töten, ohne dabei pathetisch zu werden. Auch Prädatorenregulation und Drückjagden werden kritisch hinterfragt (aber nicht abgelehnt). Und de Bok thematisiert immer wieder Klimawandel und Artensterben, die sich vielfältig in der nur scheinbar heilen Idylle des Hinterlands zeigen. Ein sehr berührendes Buch, auch wenn die Übersetzung an einigen wenigen Stellen fachlich schwächelt, etwa wenn eine Ricke mit ihrem „Kälbchen“ beschrieben wird.

Pauline de Bok: Das Schweigen der Frösche. Oder die Kunst, die Natur zu belauschen, C.H. Beck Verlag 2022, 320 Seiten gebunden, 24,00 Euro