Vielleicht lassen sich die Verfasser jagdlicher Literatur unterscheiden in schreibende Jäger und jagende Schriftsteller. Bei den einen steht das Jagderleben im Vordergrund und nicht unbedingt die Schönheit der Sprache, bei den anderen die literarische Qualität – wobei die Übergänge fließend sind. Ludwig Benedikt Freiherr von Cramer-Klett (1906-1985) zählt ganz zweifellos zu den Schriftstellern. Die Qualität seiner Literatur sticht bis heute weit heraus, vergleichbar nur mit anderen Klassikern wie Anton von Perfall, Hermann Löns, Friedrich von Gagern oder Philipp Graf von Meran (im deutschsprachigen Raum).
Jetzt ist sein Band „Die Heuraffler“ mit sechs Erzählungen in einer schmucken Ausgabe neu erschienen. Die titelgebende Erzählung, zuerst 1931 in der „Deutschen Jäger-Zeitung“ veröffentlicht, markierte nach eigenem Bekunden den Durchbruch Cramer-Kletts als Jagdschriftsteller. Darin geht es vordergründig um die Jagd auf die ebenso heimlichen wie kapitalen Hirsche des Heuraffelkopfs (ein Berg in den Chiemgauer Alpen). Tatsächlich geht es aber um das Verlangen des Jägers, seine innere Triebkraft und das Wechselbad der Gefühle am erlegten Stück. Und um die Erkenntnis, dass der größte Reichtum nicht in der Aneignung der Beute liegt, sondern im Wissen um die Existenz des Geheimen, Verborgenen und schier Unerreichbaren. Wie der Autor die Spannung aufbaut und über die gesamte Erzählung hält, ist wirklich meisterhaft!
So dankenswert es ist, dass der Kosmos Verlag diesen Klassiker wieder zugänglich macht, so schade ist es, dass dem Band jegliche Einordnung von Autor und Text fehlt. Nicht einmal die Jahreszahlen der Erstveröffentlichungen werden benannt. Ein Nachwort über Cramer-Klett, seine Werke sowie deren Rezeption und Bedeutung in der Jagdliteratur hätte diesen Band noch interessanter gemacht.
Ludwig B. Freiherr von Cramer-Klett: Vom Jagen in den Bergen. Die Heuraffler, Franckh-Kosmos Verlag 2022, 309 Seiten gebunden, 28,00 Euro
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